Liberale Jüdische Gemeinde, Hannover/ text

 

Standort: Hannover
Bauherr: Liberal Jüdische Gemeinde Hannover
Bauzeit: 2008–2009
LP: 1–8
BGF: 2.700 m²

Liberale Jüdische Gemeinde, Hannover

Nach zweieinhalbjähriger Planungs- und Bauzeit wurde das neue Gemeindezentrum der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover „Etz Chaim – Baum des Lebens“ am 25. Januar 2009 in Hannover-Leinhausen seiner Bestimmung übergeben.

Zum zweiten Mal wurde in Deutschland ein ehemaliges Kirchengebäude zu einem jüdischen Gemeindezentrum mit Synagoge umgebaut. Uns wurde die Aufgabe übertragen das 1968 fertiggestellte Gebäudeensemble der Gustav-Adolf-Kirchengemeinde in ein modernes und zugleich hohen energetischen Anforderungen genügendes Zentrum für Jüdisches Leben in Hannover umzugestalten.

Für die stetig wachsende, über 600 Mitglieder zählende, Gemeinde ist ein Ort Jüdischen Lebens entstanden, der zugleich außer-alltäglich und einladend ist und sich selbstbewusst in Stadtbild und Gesellschaft präsentiert. Uns ist es gelungen, eine außergewöhnliche sakrale Stimmung zum Ausdruck zu bringen. Raumproportionen, Material, Licht- und Farbgebung verdichten sich im Spannungsfeld zwischen Moderne und Tradition zu einer Ästhetik, die dem Selbstverständnis der Liberalen Jüdischen Gemeinde in hohem Maße entspricht.

Bauen heißt immer Veränderung, Bauen bedeutet Zukunft. Mit dem Projekt für die Liberale Jüdische Gemeinde Hannover verbinden wir die Hoffnung, dass die Gemeinde hier an diesem Ort eine neue, dauerhafte und glückliche Heimat findet.

Im Mittelpunkt der Planungen stand die räumlich-architektonische Ausformulierung des Synagogenraumes im 1. Obergeschoss. Hinterleuchtete, auf weiß lackierten Holzschränken aufgelagerte Textilglaswände umhüllen den annähernd quadratischen, 7m hohen Raum auf drei Seiten und fokussieren ihn auf den östlich anschließenden Toraraum. Durch drei Stufen leicht erhöht findet der Raum hier mit dem Gold-Aluminiumblech beschichteten Toraschrank seinen sakralen Mittelpunkt. Für die Blechverkleidung wurde ein Ornamentmuster aus dem Davidstern entwickelt, das sich in der freistehenden vorgesetzten Fassade am Haupteingang zur Synagoge wiederfindet und die axiale Raumfolge vom Eingang bis zum Toraschrank deutlich macht. Die Gesamtausstattung wird durch die von uns entworfenen rituellen Gegenstände wie Menora, Hanukia, Bima, Toravorhang und Ewiges Licht akzentuiert.

Auf der ehemaligen Empore des Kirchenraumes wurde mit der zweigeschossigen Bibliothek ein weiterer räumlicher Höhepunkt realisiert. Fünf Meter hohe Wände aus Bücherregalen umfassen den 80 Quadratmeter großen Leseraum. Eine Galerieebene dient als Umgang und ermöglicht den einfachen Zugriff auf bis zu 10.000 Buchtitel.

In der Gesamtgestaltung der weiteren Räume findet sich durchgängig ein einfaches Leitmotiv: schlichte, weiß verputzte Wandflächen und dunkle Naturstein-, Werkstein- oder Linoleumböden reduzieren den Raum auf sich selbst. Ein zurückhaltender Duktus, der lebendiges Gemeindeleben und die Menschen in den Vordergrund stellt. Türen und Fenster sind anthrazit-schwarz abgesetzt, kontrastieren zum Raum und machen Bewegung deutlich. Der Innenhof am Gemeindezentrum erhielt ein weiß-anthrazit ornamentiertes Pflaster – die 40 Jahre alte schattenspendende Kastanie wurde sorgsam in die Freiraumgestaltung einbezogen.