Standort: Loccum
Wettbewerb: 2. Preis 2016
Auslober: Predigerseminar Loccum
Bibliothek des Predigerseminars im Kloster Loccum
Trotz vielfältiger baulicher Entwicklungen und Veränderungen über die Jahrhunderte hinweg, hat das Kloster Loccum im Kern immer die Einfachheit und gestalterische Geschlossenheit des zisterziensischen Ursprungs bewahrt. Diese Haltung, nicht wechselnden Moden Gestalt zu geben, sondern das Ganze im Blick zu behalten und alle Eingriffe und notwendigen Veränderungen dem Geist des Ortes unterzuordnen, soll auch die Einfügung des Bibliotheksneubaus bestimmen, den wir im Rahmen des im Februar 2016 ausgelobten Wettbewerbs entworfen haben.
Der Bau von J.W. Prendel aus den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts im Schnittpunkt von Refektorium/Kalefactorium und Slaphus war eine gelungene, behutsame Wiederbesetzung der entstandenen Lücke; er reicht heute nicht mehr aus, die gewachsene Bibliothek und die neuen Nutzungsanforderungen zu beherbergen.
Dem „Prendelbau“ ist eine Schutzwürdigkeit nach Denkmalrecht nicht zugesprochen worden, dennoch zeigt er eine nicht zu verleugnende Qualität in der Sensibilität der Einfügung in das bestehende Ensemble. Er soll in seiner Kubatur, Dachform und Fassadenausbildung als Zeugnis der historischen Fortschreibung erhalten und in einen neuen Bibliothekskomplex integriert werden. Die Einbeziehung wesentlicher Teile des Prendelbaus erfolgt nicht allein aus Gründen der Anerkennung seiner zeitgeschichtlichen Bedeutung; sie ist auch unter wirtschaftlichen und energetischen Aspekten die gebotene Strategie.
Die Erweiterung schließt nach Süden unmittelbar profilgleich an den „Prendelbau“ an; seine Giebelwand wird sichtbare Innenwand im neuen Eingangsbereich der Bibliothek. Der Neubau ist mit dem gleichen Steinmaterial verkleidet wie der Bestandsbau. Durchlaufende horizontale Fugen beruhigen die Fläche und betonen Länge und lagerhafte Ruhe des Neubaus.
„Prendelbau“ und anschließender Neubauteil erhalten eine durchgehend neue Eindeckung aus alten Hohlpfannen im vorgegebenen Dachprofil; das gemeinsame Dach integriert die beiden Teilabschnitte in eine einheitliche Kubatur und gibt dem Bibliotheksbau die gestreckte, lagerhafte Proportionalität der umgebenden Klostergebäude.
Allein in der Dachfläche zeigt sich nach Osten gewandt ein tatsächlich neues Motiv: eine schlanke, liegende Gaube öffnet sich in Richtung Akademie; von Proportion und Ausbildung kein historisierendes Element , sondern ein Signal: eine neue Öffnung nach außen aus dem introvertierten Klosterkomplex hinaus und zugleich ein gut sichtbares Zeichen in Richtung Akademie, der man sich mehr öffnen und verbinden möchte.
Mit dem neuen Bibliotheksflügel entsteht im Süden ein dreiseitig gefasster intimer Hof/Gartenbereich mit der großen Zehntscheune als räumlich wirksamer vierter Platzwand. Dieser als „Priors Garten“ benannte Ort soll später einer landschaftsgestalterisch überplant werden. Die Positionierung des öffentlichen Bibliothekseingangs im geschützten Bereich unterstreicht die Zugehörigkeit zum Klosterbezirk.
Interner Hauptzugang zur Bibliothek aus dem Klosterinneren bleibt der Eingang zum Kalefactorium. Nach Entfernung der raumzerstörenden zweigeschossigen Regalanlage und Restaurierung der Raumfassung von C. W. Hase erhält der Raum eine Nutzung als repräsentatives Entree und Präsentationsraum der Bibliothek mit besonderen Regalen, Vitrinen und bequemen Sitzgelegenheiten. Die räumliche Stellung der Möblierung orientiert sich an der raumgliedernden Wirkung der Gewölbe.
Als solcher Präsentationsraum kann das Kalefactorium auch gelegentlich spezifischen Veranstaltungen im Refektorium zugeordnet werden, und so die Verbindung von Bibliothek und Veranstaltungsnutzungen stärken.